Deutsch-Niederländische Arbeitsgruppe Hochwasser

Die grenzüberschreitenden Deichgebiete am Niederrhein bestehen linksrheinisch aus dem Deichring 42 und rechtsrheinisch aus dem, Deichring 48. Die Überflutungsrisiken in diesem Grenzgebiet sind daher innerhalb der Deichringe nicht unabhängig voneinander: Ein Deichbruch in einem der beiden Länder kann Folgen für das andere Land haben.

Seit mehr als 20 Jahren arbeiten das Umweltministerium Nordrhein-Westfalen, die Bezirksregierung Düsseldorf, das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (kurz: LANUV), das niederländische Ministerie van Infrastructuur en Waterstaat, Rijkswaterstaat, die Provincie Gelderland, die Deichverbände beiderseits der Grenze und weitere Akteure im Rahmen der Deutsch-Niederländischen Arbeitsgruppe Hochwasser zusammen, um durch Informationsaustausch, Öffentlichkeitsarbeit, gemeinsame Studien und Abstimmung von Aktivitäten zu einem verbesserten Hochwasserschutz in der Grenzregion zu kommen.

Studie - Überflutungsrisiko grenzüberschreitende Deichringe am Niederrhein

Anlass und Zweck der Studie

In den vergangenen Jahren gab es in den Niederlanden und in Nordrhein-Westfalen Entwicklungen im Bereich des Hochwasserrisikomanagements:

In den Niederlanden der Abschluss der niederländischen Studie VNK2 („Inventarisierung Hochwassersicherheit Niederlande“) und der Wechsel zu einer neuen, risikobasierten Norm; in Nordrhein-Westfalen die Prüfung der Hochwasserstatistik für den Abfluss am Rhein und in beiden Ländern die Fortschreibungen der Erkenntnisse über den Einfluss des Klimawandels auf den Abfluss im Rheineinzugsgebiet.

Vor diesem Hintergrund hat die Deutsch-Niederländische Arbeitsgruppe Hochwasser im Rahmen der langjährigen Zusammenarbeit in den Jahren 2015 bis 2019 die Studie „Überflutungsrisiko grenzüberschreitende Deichringe am Niederrhein“ durchgeführt. Basierend auf der niederländischen, in der VNK2-Studie entwickelten Methode, gibt diese Studie einen Überblick über die aktuellen Hochwasserrisiken im Grenzgebiet (Zustand 2015) und die voraussichtlichen Hochwasserrisiken im Jahr 2025 nach Umsetzung von Maßnahmen, u.a. des „Fahrplan Deichsanierung Nordrhein-Westfalen“. Auch für den Zeithorizont 2050 wird eine Risikoanalyse durchgeführt, wobei unter Berücksichtigung eines „nassen“ Szenarios der mögliche Einfluss des Klimawandels auf den Abfluss des Rheins in die Risikobetrachtung mit einbezogen wird. Hierbei werden stets verschiedene Versagensmechanismen in der Risikobewertung berücksichtigt, z.B. die Wahrscheinlichkeit eines hydraulischen Grundbruchs und Pipings (Untergrunderosion).

Darüber hinaus wurde das neue Vorgehen der niederländischen, auf Überflutungsrisiken basierenden Norm, für die beiden grenzüberschreitenden Deichringe angewendet.


Unterschiede im Strategie- und Normensystem zwischen D & NL 

Bis 2016 definierten die „Bemessungsabflüsse“, die dazugehörigen Wasserstände und die Einhaltung der konstruktiven Vorgaben des technischen Regelwerks sowohl in den Niederlanden wie auch in

Deutschland den Hochwasserschutzstandard. Für das Grenzgebiet ergaben sich zwei unterschiedliche Bemessungsabflüsse, mit Wiederkehrzeiten von 1/1.250 Jahren in den Niederlanden und 1/500 Jahren in Deutschland. Durch einen unterschiedlichen Freibord der Deiche, ca. 0,5 m in den Niederlanden und 1 m in Deutschland, wurde dieser Unterschied kompensiert. Dadurch sind die Deiche in der Praxis gleich hoch.

Nordrhein-Westfalen verfolgt fachlich begründet diesen Ansatz von Bemessungshochwasser und dazugehörigem technischem Regelwerk weiterhin.

In den Niederlanden hingegen bestehen seit dem 1. Januar 2017 neue Standards, die ausgedrückt werden in „Überflutungswahrscheinlichkeit je Abschnitt der Deichlinie“ - die sogenannte „Norm“. Bei der Bestimmung der Norm werden die möglichen Folgen einer Überflutung berücksichtigt.

So soll für jeden Einzelnen ein minimales Schutzniveau, die so genannte Grundsicherung, erreicht werden. Ergänzend wird ein zusätzlicher Schutz für Orte mit potenziell großen Opfergruppen und/oder großen wirtschaftlichen Schäden und/oder schweren Schäden durch den Verlust lebenswichtiger und gefährdeter Infrastrukturen von nationaler Bedeutung vorgesehen.

In den Niederlanden müssen infolge der niederländischen Gesetzgebung bis zum Jahr 2050 für alle Hochwasserschutzanlagen erster Ordnung diese neuen Normen unter Berücksichtigung sich möglicherweise verändernden Faktoren – z.B. Auswirkungen des Klimawandels und wirtschaftliche Entwicklung – umgesetzt sein.

Der wesentliche Unterschied der beiden Länderansätze für den Hochwasserschutz ist somit die Berücksichtigung des „Überflutungsrisikos“ in den Niederlanden einerseits und die Nutzung der „Überschreitungswahrscheinlichkeit“ von Wasserständen in Nordrhein-Westfalen bzw. Deutschland andererseits. Die Hochwasserschutzpolitik Nordrhein-Westfalens und der Niederlande folgt gleichwohl in vielen Bereichen gleichen Grundsätzen und nutzt ähnliche, teils auch gleiche Instrumente und Daten.


Erkenntnisse aus der Studie und die gesamten Abschlussbericht mit Hintergrundberichten finden Sie unter:

https://www.flussgebiete.nrw.de/deutsch-niederlaendische-zusammenarbeit-im-hochwasserschutz-8121

Gemeinsame Erklärung für die Zusammenarbeit im Hochwasserschutz 

Im Jahre 2019 wurde, im Rahmen der deutsch-niederländischen Hochwasserkonferenz in Arnheim, eine gemeinsame Erklärung für die Zusammenarbeit im nachhaltigen Hochwasserschutz am Hauptstrom des Rheins im deutsch-niederländischen Grenzgebiet für den Zeitraum 2019 bis 2025 von Vertretern des Ministeriums für Infrastruktur und Wasserwirtschaft der Niederlande, der Provinz Gelderland, den Waterschappen Rijn en IJssel und Rivierenland und dem Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen sowie in Abstimmung mit dem Arbeitskreis für Hochwasserschutz und Gewässer in NRW e.V. unterzeichnet.

Die Erklärung fixiert, mit Blick auf aktualisierte Randbedingungen, die gemeinsamen Interessen im Bereich des Hochwasserschutzes und sieht in einem Arbeitsprogramm Themen und Aktivitäten für die zukünftige Zusammenarbeit vor.

Die gesamte Erklärung finden Sie unter folgendem Link:

Gemeenschappelijke_Verklaring_ondertekend_gemeinsame_Erklaerung_unterzeichnet_05072019.pdf